
Hardshelljacke, Hardshellhose. Skibekleidung eben. Oder? Warum der Kauf deiner Bekleidung ein politisches Statement ist und wieso du auch bei deiner Skibekleidung anfangen solltest deinen Einfluss auf Industrie und Wirtschaft auszunutzen.
„Skiing is politics – we cannot escape the world we live in“: so titelte das amerikanische Powder Magazine 2017. Und so aktuell wie es damals war, ist es auch heute. Als Skifahrerinnen und Skifahrer sind wir nicht einfach am Freizeitpark Berg unterwegs und können uns nur um den nächsten Powderschwung sorgen. Sorry to say. Denn alles was wir tun, auf Ski oder nicht, ist politisch. Ob wir das Skigebiet mit den abstrusen Ausbauplänen als Wochenendziel wählen oder uns auf dem Weg dorthin alleine ins Auto setzen und noch kurz beim Fast Food Händler des Vertrauens Hühnchen-Burger für 1 Euro kaufen. Jede unserer Entscheidungen hat Einfluss. Das hat die Bundeszentrale für politische Bildung schon gut auf den Punkt gebracht: „Politik bezeichnet jegliche Art der Einflussnahme und Gestaltung sowie die Durchsetzung von Forderungen und Zielen, sei es in privaten oder öffentlichen Bereichen.“
Wir haben die Wahl – mit jedem Einkauf
Und diese Einflussnahme hört weder bei der Anreise noch bei unserer Ernährung auf. Sie geht sogar bei unserem Equipment weiter. Und dazu gehört auch die Wahl unserer Skibekleidung. Laut Umweltbundesamt hat der oder die durchschnittliche Deutsche einen CO2-Fußabdruck von 11,2 t CO2e. CO2e stehen dabei für CO2-Äquivalente in die, neben CO2, auch weitere Treibhausgase wie Methan einbezogen werden. Wollten wir das Klimaziel von 1,5°C erreichen, müssten wir unseren pro Kopf Fußabdruck auf unter 1 t pro Jahr senken. Doch allein unser sogenannter „sonstiger Konsum“, zudem auch unsere Bekleidung zählt, machen 3,8 t CO2-Äquivalente aus.

Jetzt fragst du dich sicher, warum wir uns als Einzelne immer nur einschränken sollen? Warum machen Politik und Industrie nicht mal etwas? Wir wollen doch alle nur Skifahren. Für ein paar Augenblicke die schönen Momente des Lebens, die Leichtigkeit des Seins, zelebrieren. Doch sind nicht nur Politik und Industrie Betroffene des Klimawandels, sondern vor allem auch wir selbst. Wir können mit unseren Entscheidungen zu einer lebenswerteren Welt beitragen. Und du willst dir wahrscheinlich später nicht sagen „Ach, hätte ich das damals doch verhindert, wenn ich nicht leichtsinnig jedes Fitzelchen neue Ausrüstung gekauft hätte.“ Vielleicht müssen wir genau jetzt der skifahrerischen Politikverdrossenheit den Stinkefinger zeigen, aufstehen und zu Agierenden statt Reagierenden werden. Am einfachsten geht das natürlich mit einem Kreuz bei der nächsten Wahl, aber noch viel einfacher mit dem Einsatz von unserem Geld im Alltag.
Reparieren oder Secondhand kaufen statt immer Neu
Und jetzt? Nix mehr kaufen, zuhause einigeln und das Skifahren an den Nagel hängen? Den Großen kein Geld mehr geben und dem Konsum komplett abschwören? Lebenswert soll das Leben ja trotzdem bleiben. Obs dazu jedes Jahr aber ein neues Outfit braucht? Fraglich. Beziehungsweise nee, braucht es nicht. Am besten ist es, wenn du deine Bekleidung so lange wie nur irgendwie möglich nutzt. Dazu zählt natürlich auch kaputte Dinge zu flicken oder reparieren zu lassen oder wenn sie gar nicht mehr gefallen weiter zu verkaufen oder weiter zu schenken bzw. zu spenden. Aber bitte an die richtigen Stellen. Alles was nicht neu gekauft wird, ist nämlich der Shit und senkt unseren CO2-Fußabdruck massiv.

Informiere dich darüber, wie deine neuen Produkte hergestellt sind
Und wenn es doch wirklich Zeit für etwas Neues ist? Dann kannst du mit deiner Kaufentscheidung den gleichen Einfluss ausüben wie mit dem Verzicht auf Fleisch oder dem Kauf von Bio-Obst und -Gemüse. Mit jeder gekauften Skikombi haben wir die Möglichkeit einen Beitrag zu einer fairen und ökologischen Welt zu leisten. Was ich auch nicht wusste? Die oft kritisierte Kunststofffaser verbraucht in der Herstellung weniger Ressourcen als Baumwolle. Ressourcen heißt Flächenbedarf für Verarbeitung und Produktion sowie Wasserverbrauch. Laut dem Buch „Einfach Öko“ von Markus Franken und Monika Götze verbraucht die Produktion von einem Baumwoll-Shirt 4,8 m2 Fläche. Ob bio oder konventioneller Anbau, macht dabei keinen Unterschied. Ein Polyester-Shirt verbraucht hingegen 2,55 m2 Fläche. Auch beim Wasserverbrauch punktet Polyester vor Baumwolle. Ein T-Shirt aus Baumwolle verbraucht ganze 1.534 Liter Wasser. Die Herstellung von Kunststofffasern ist dagegen sehr wasserarm und ein Shirt benötigt für die Produktion lediglich 2 Liter. Allerdings können durch das Waschen feinste Mikroplastikpartikel ins Wasser gelangen und die Kunststoffe der Textilindustrie verbrauchen rund 0,8 Prozent des gesamten geförderten Rohöls. Auf ein Shirt kommen so 15,75 MJ Energiebedarf. Bei Baumwolle sind es gerade einmal 1,95 MJ.
Deswegen: Setze auf recycelte Materialien. Das schont den Energieverbrauch und vor allem verringert es die Müllproduktion. Achte zudem auf fair produzierte Kleidung mit entsprechenden Siegeln wie Fair Wear Foundation oder Fairtrade. Fair produzierte Kleidung ist in den meisten Fällen für uns nämlich nicht mal teurer, ändert für eine Näherin in Asien aber womöglich sehr, sehr viel. Über ihr Einkommen bis hin zu den Arbeitsbedingungen.

Was kann ich dann jetzt kaufen?
Klar, ich muss zugeben: Will man ökologisch und fair einkaufen, ist es schwierig in den nächstbesten Shop zu gehen und einfach nach Passform und Aussehen vorzugehen. Du musst recherchieren, dich informieren und hinterfragen. Zum Glück machen es dir ein paar Hersteller einfach, in dem sie sowieso für nachhaltige Produkte stehen. Dazu gehören im Skibereich vor allem Patagonia, Vaude, Houdini, aber auch Picture uvm. Diese Firmen kümmern sich nicht nur vereinzelt um nachhaltige Produkte, sondern haben auch ihre Firmenphilosophie auf nachhaltige Werte gebaut.
Die Stormstride Kombi von Patagonia
In diesem Winter habe ich mich deshalb für die Stormstride Kombi von Patagonia entschieden. Seit 2013 setze ich als Skikombi fürs Skigebiet auf eine wattierte Variante von Norröna. Und bin damit mehr als zufrieden. Sie ist zeitlos, clean im Design und nach all den Jahren immer noch hochfunktional. Doch leider habe ich für Skitouren und wärmere Tage kein passendes Äquivalent gehabt. Meine Norröna-Kombi ist da schlichtweg zu warm, zu sperrig und viel zu schwer. Auf Skitouren und im Frühjahr will ich leicht unterwegs sein. Ich will eine Jacke, die sich für den Aufstieg schnell im Rucksack verstauen lässt und für die ich nicht extra 10 Liter Rucksack mehr einplanen muss. Das gleiche gilt für die Hose: leicht, gut belüftet und kein Klotz am Bein. Zudem will ich sie auch noch für andere Aktivitäten nutzen können. Zumindest die Jacke. Eine für alles sozusagen.

Deswegen also die Stormstride Kombi, bestehend aus Stormstride Jacket und Stormstride Pants. Laut Patagonia ist sie die wasserdichte Shell für besonders anstrengende Aktivitäten und speziell für das Backcountry entwickelt. Sie besteht zu 100 Prozent aus Nylongewebe, wovon 54 Prozent recycelt sind. Warum nicht 100 Prozent? „Unser Ziel ist es, Nylon vor der Entsorgung auf der Deponie zu bewahren, und dabei machen wir große Fortschritte. Wir haben ein Nylongarn gefunden, das aus einer 50/50-Mischung aus Preconsumer- und Postconsumer-Nylon besteht. Die meisten mechanisch recycelten Materialien werden bei hohen Temperaturen eingeschmolzen, wodurch Verunreinigungen zerstört und anschließend in eine wiederverwertbare Form verarbeitet werden. Nylon schmilzt bei einer viel niedrigeren Temperatur und hinterlässt Verunreinigungen. Daher muss das Nylon vor dem Recycling gründlich gereinigt werden. Zuverlässige Quellen von reinem Postconsumer-Nylon sind schwierig zu finden“, so Patagonia.
Bisher ist es bei vielen recycelten Materialien noch schwierig nach dem Recyclingprozess Materialien herzustellen, die in Funktionalität und Qualität den neuen Materialien in nichts nachstehen. Deswegen setzen viele Hersteller bisher auf eine Mischung als recycelten und neuen Fasern. Weiter daran gearbeitet und geforscht wird aber natürlich schon.



Zudem sind Jacke und Hose Fairtrade zertifiziert. Ein Manko hat die Kombi aus Umweltsicht aber leider doch noch, darüber ist sich auch Patagonia bewusst: „Unsere DWR-Imprägnierung ist wasserabweisend und wird bei unseren wasserdichten/wetterfesten Kleidungsstücken verarbeitet. Es wird jedoch aus giftigen Chemikalien hergestellt. Wir sind gerade dabei, nicht-kritische Produkte, die derzeit mit einer DWR-Imprägnierung behandelt werden (rund 90 % unserer wetter-/wasserbeständigen Kleidungsstücke), zu verändern, mit dem Ziel, bis zum Herbst 2022 PFC-frei zu werden, einschließlich Isolationsteile, Midlayer und einige Outerwear-Produkte. Für kritische DWR-Anwendungen, wie beispielsweise Regenjacken, die man 24 Stunden trägt, haben wir bisher noch keine DWR-Lösung gefunden, welche die funktionalen Anforderungen dieser Kleidungsstücke erfüllt. Die klügsten Chemiker helfen uns dabei, für die restlichen 10 % unserer Produkte eine Lösung zu finden.“
Nicht jeder kann und muss direkt perfekt sein
Du siehst, perfekt ist also auch noch nicht jeder. Ein Anfang ist aber immerhin gemacht und das wichtigste: Patagonia ist sich darüber im Klaren, dass noch nicht alles so ist, wie es eigentlich sein sollte. Eigentlich wie bei jedem von uns, oder? Beim Thema Nachhaltigkeit haben wir immer den Anspruch, dass wir und andere nicht mit 60 Prozent starten können, sondern mindestens mit 120. Ein Mittelmaß und erste Schritte gibt es nicht. Sonst kommt bei einem selbst ja auch direkt wieder das schlechte Gewissen hoch.
Ich muss zugeben, meine Norröna Kombi besteht auch aus Gore Tex. Sie hält aber auch schon ewig. Und genau das erhoffe ich mir von meiner Patagonia Kombi auch. Beziehungsweise bin ich mir da eigentlich ziemlich sicher. Sie ist schlicht, zeitlos und deshalb prädestiniert für ein langes gemeinsames Leben mit mir. Vor allem, weil ich in diesem Winter wegen meiner Schwangerschaft noch gar nicht richtig zum Testen gekommen bin. Das wartet nächste Saison auf mich. Wenn Hose und Jacke wieder einwandfrei passen und ich immer noch jeden Tag versuche mein bestmögliches für die Zukunft unseres Planeten zu tun. Dass das mal mehr und mal weniger klappt, ist heute schon klar. Immerhin kann ich aber mit der Wahl meiner Skibekleidung ein politisches Statement setzen. Und werde es auch weiterhin. Du auch?
Guter Artikel, gutes Statement und gute Argumente. Wir waren schon immer dafür, unsere Ski mieten und die ganze Skiausrüstung mieten zu können. Allerdings halte ich den Einfluss der Konsumenten auf Wirtschaft und Industrie eher minimal. Ob bei Kleidung oder Nahrungsmitteln wie Fleisch.
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Danke für deinen Kommentar! Ich glaube, dass wir auf jeden Fall einen Einfluss haben. Natürlich können Politik und Wirtschaft viel ausrichten, aber auch wir senden Signale mit dem, wofür wir unser Geld ausgeben. Kaufen immer weniger Leute Fleisch, werden und müssen weniger Tiere gehalten werden. Kaufen mehr Leute nachhaltig produzierte Kleidung, animiert das auch andere Hersteller nachzuziehen. Natürlich ist das eventuell noch ein kleiner Teil, aber ich sehe jeden Einkauf wie ein Kreuz auf meinem Wahlzettel.
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