„Unsere Abenteuerlust bedroht die Umwelt!“

Teil 1: Umweltfreundlicher Wintersport?! – Whistler Blackcomb

Arthur DeJong, Mountain Planning and Environmental Resource Manager in Whistler Blackcomb sprach mit uns im Interview über die Auswirkungen des Klimawandels auf eines der größten Skigebiete Nordamerikas, die Maßnahmen von Whistler Blackcomb und dessen neue Dokumentation „The Big Picture Documentaries“.

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Arthur DeJong © David Buzzard

Whistler Blackcomb. Das ist der Sehnsuchtsort im Südwesten British Columbias, der wie kein anderer für Champagne Powder, endlose Tiefschnee-Abfahrten und Skifahren steht. Das größte Skigebiet hat nicht erst seit der Übernahme durch Vail Resorts ehrgeizige Zukunftspläne. Mit einer eigenen Nachhaltigkeitsstrategie will es den Klimawandel bekämpfen und der Gletscherschmelze Einhalt gebieten. In dem ersten Teil der Wild Recreation-Serie „Umweltfreundlicher Wintersport?!“ sprach Arthur DeJong, Mountain Planning und Environmental Resource Manager in Whistler Blackcomb mit Wild Recreation über diese Pläne, wie Skigebiete in 50 Jahren aussehen und erklärt warum unsere Abenteuerlust die Umwelt bedroht.

Der Klimawandel hat vielfältige Auswirkungen auf die Gebirge. Haben Sie bisher in Whistler Blackcomb Veränderungen aufgrund des Klimawandels feststellen können?

 Ja, das haben wir. Whistler Blackcomb ist eingebettet in einer riesigen Bergwelt, die eine Vielzahl von Gletschern beheimatet. Diese Gletscher ermöglichen es uns, die Auswirkungen des Klimawandels seit vielen Jahrzehnten zu bezeugen. Gletscher sind die Thermometer der Natur und ein sehr sensitives System gegenüber Klimaänderungen. Laut ausführlichen Wetterdaten der Jahre 1976 bis 2011, erhoben von Whistler Blackcomb und Environment Canada, nimmt durchschnittlich die Schneemenge im Winter zu und auch die Lufttemperatur erhöht sich im Winter leicht – im Durchschnitt um 0,5°C über die letzten 35 Jahre. Unsere Sommertemperaturen haben sich im Mittel allerdings um bis zu 2°C in der gleichen Zeit erhöht. Insgesamt bleiben die Winter laut unseren Messungen relativ gleich, bei einer gleichzeitigen Erwärmung der Sommer. Das bestätigt unsere Beobachtungen, dass sich die Gletscher der Gegend zurück ziehen.

„Gletscher sind die Thermometer der Natur.“


Allerdings sind wir in Whistler Blackcomb dadurch begünstigt, dass sich mehr als die Hälfte unseres ausgewiesenen Skigebiets, mit dem höchsten Punkt auf 2.200 Meter, in der alpinen Zone befindet. Der Höhenunterschied von 1.500 Meter zum Tal bedeutet für uns, dass wir die Möglichkeit haben uns an die Temperaturänderungen und ihre Auswirkungen anpassen können. Unsere Nähe zur milden Küste, unser enorm hoch liegendes Gelände, unser durchschnittlich jährlicher Schneefall von 11,70 Meter und unser großflächiges Netz an Beschneiungsanlagen, sind eine gute Grundlage um uns gegen die möglichen Auswirkungen des Klimawandels zu wappnen.

Welche umweltfreundlichen Maßnahmen trifft Whistler Blackcomb? Sind für die Zukunft weitere Maßnahmen geplant?

Der Klimawandel ist ein wichtiger Faktor im Tagesgeschäft von Whistler Blackcomb und wir haben dafür eine drei-stufige Methode entwickelt: Mitigation, Adaption, Diversifizierung.

Mit Mitigation sind unsere Bemühungen gemeint, in sinnvollen Schritten den ökologischen Fußabdruck unseres Betriebs zu verringern. Ein Beispiel ist das Fitzsimmons Creek Renewable Energy Project. Jährlich speist es rund 33 Gigawatt Hydroelektrizität in unser Stromnetz. Das ist genauso viel, wie wir für den Betrieb unserer Anlagen in der Winter- und Sommersaison benötigen. Außerdem gehören zur Mitigation die vielen verschiedenen Energieeinsparungsmaßnahmen, wodurch wir zwischen 2012 und 2013 rund 2,5 Millionen Kilowatt Stunden eingespart haben. Zudem konnten wir durch Müllreduzierungs-Projekte seit dem Jahr 2000 rund 70% unseres Mülls einsparen.

Unter Adaption verstehen wir langfristige Strategien, mit denen wir sicher stellen, dass man auch in den kommenden Jahrzehnten bei uns noch Skifahren kann. Kurz gesagt, Anpassung. Zum Beispiel investieren wir in neue hochalpine Infrastruktur. Durch die Peak 2 Peak Gondola bleiben die Gäste in der alpinen Zone. Bei unserem Horstman Glacier Snowmaking Pilot Project testen wir energieeffiziente Schneekanonen auf dem Gletscher, um die Gletscherschmelze einzudämmen.

Mit der dritten Säule, der Diversifizierung, setzen wir auf ganzjährige Aktivitäten, die nicht an Schnee gebunden sind. Das Whistler Blackcomb Renaissance Projekt ist ein Beispiel davon. Damit wollen wir wetterunabhängige Aktivitäten schaffen, die das ganze Jahr Menschen nach Whistler locken.

Bedroht unsere Abenteuerlust die Umwelt?

Ja, unsere Abenteuerlust hat Auswirkungen auf die Umwelt. Wir müssen deshalb Wege finden unseren Freizeit-Fußabdruck zu reduzieren, aber nicht damit aufhören die Natur zu erleben. Das physische, mentale und soziale Wohlbefinden, das wir in der Natur erfahren ist unerlässlich für uns. Die Natur zu erleben, inspiriert uns dazu sie zu schützen.


„Die Natur zu erleben, inspiriert uns dazu sie zu schützen.“


Global repräsentiert der Tourismus rund 9% der Weltwirtschaft und hat definitiv Einfluss auf die Umwelt. Whistler Blackcomb ist jedoch in einer einzigartigen Position, um sich diesen Auswirkungen anzunehmen und um ein Branchenführer und Vorbild darin zu sein die Einflüsse des Klimawandels zu verringern. Wir wollen andere inspirieren, ein Beispiel sein und zeigen, dass bedeutende Verminderungen möglich sind. Wir müssen unsere Erfolge und Misserfolge teilen. Nur wenn wir alle zusammen arbeiten, können wir wirklich etwas bewegen.

Anfang der Saison 2016/17 hat Whistler Blackcomb die Dokumentation „The Big Picture Documentaries“ gelauncht. Worum geht es darin und was war die Intention eine eigene Dokumentationsreihe zu machen?

Letztes Jahr haben wir unseren 50. Geburtstag gefeiert. Also haben wir uns diese Saison die Frage gestellt, was die Zukunft wohl für die nächsten 50 Jahre bereit hält. Wie sich gezeigt hat, hatten wir mehr Fragen als Antworten. Fragen wie, warum haben unsere Kinder aufgehört draußen zu spielen? Bedroht unsere Abenteuerlust die Umwelt? Verschiebt die Anziehungskraft des Backcountry unsere Limits? Was ist die Zukunft von Skigebieten?


„Warum haben unsere Kinder aufgehört draußen zu spielen?“


Für die Saison 2016/17 werfen wir in einer 4-teiligen Dokumentation den Blick auf das Große Ganze: die Zukunft des Skifahrens und Snowboardens, den Klimawandel, den Zugang zum Backcountry, den Stand der Industrie und die Risiken unsere Kinder an die Technologie zu verlieren. Wir hoffen so etwas mehr Durchblick zu bekommen und eine Konversation anzustoßen, die sich genau mit diesen großen Fragen beschäftigt.

Gibt es bisher irgendwelche negativen Auswirkungen auf die Umwelt von Whistler Blackcomb, die auf Actionsportarten zurück zu führen sind?

Eine Ölkatastrophe im Jahr 1992, bei der Diesel einen Gebirgsfluss verunreinigt hat, war eine harte Lektion für uns. Es war eine ökologische Tragödie, die wir beseitigen mussten, aber es veranlasste uns darüber nachzudenken, wie es soweit kommen konnte. Das führte zu der Entwicklung und Einführung unserer heutigen Nachhaltigkeitspolitik, unseres Umweltmanagements und zu meinem heutigen Job. Wir lernen von früheren Projekten, investieren in Instandsetzungsmaßnahmen und streben nach immer nachhaltigeren Ergebnissen. Wir bauen unser Skigebiet nur geringfügig aus. Das Gebiet rund um den Symphony Express auf Whistler Mountain ist ein Beispiel für nachhaltiges Wachstum eines Skigebiets. Der Bau unserer neuen Wanderwege „Blackcomb Ascent Trails“, ist dagegen ein Modell für umweltbewusste Planung mit einem geringen Ökologischen Fußabdruck und der Umweltbildung als oberste Priorität.

Zum Abschluss eine Frage, die unsere Zukunft betrifft. Wie werden Skigebiete 2050 aussehen?
Der Punkt ist, wir wissen es nicht. Deswegen stellen wir auch die Fragen in „The Big Picture Documentaries“. Wir müssen alle zusammenarbeiten, um die Themen anzugehen, die die Branche direkt betreffen.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Der erste Teil der „The Big Picture Documentaries: Conflicted Obessions“:

Hier findet ihr die weiteren Kapitel der Reihe und zusätzlichen Informationen über die Dokumentation.

Weitere Informationen zu Whistler Blackcomb gibt es hier!

Teil 2 der Serie „Umweltfreundlicher Wintersport?!“: Interview mit Daniela Hochmuth von Protect our Winters Austria

Teil 3 der Serie “Umweltfreundlicher Wintersport ?!”: Interview mit Manfred Scheuermann vom Deutschen Alpenverein

 

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