
Naturschutz und Wintertourismus stehen oft auf Kriegsfuß: Waldrodungen für neue Pisten, enormer Wasserverbrauch für Beschneiungsanlagen oder ein gigantischer CO2-Ausstoß bei der Anreise mit dem eigenen PKW. Doch es gibt auch Ausnahmen. Die Bergbahn Arber im Bayerischen Wald outet sich als Umwelt-Streber.
Die Stämme liegen dicht aneinander. Pendeln von rechts nach links im Rhythmus der Wellen. In der Mitte des Großen Arbersees ziehen rund 20 schwimmende Baumstämme eine Grenze zwischen Naturschutzgebiet und Tourismusattraktion. Sie trennt im Sommer Tretbootfahrer von Wanderfalken oder dem vom Aussterben bedrohten Auerhuhn. Bagger und LKW arbeiten am unteren Ende des Sees an einem neuen Tourismusinformationszentrum während Biber am anderen Ufer für die Waldarbeiten zuständig sind. Die Teilung des Sees ist exemplarisch für die Region um den Großen Arber. Denn auch er ist ein geteilter Berg. Ski- und Wildschutzgebiet sind am höchsten Gipfel des Bayerischen Walds verbunden. Kann das funktionieren oder ist das nur ein ambitionierter Versuch der Region Wintertourismus und Naturschutzgebiet zu vereinen?


In der Kuschelgondel Richtung Naturschutz
Bereits 1949 wurde auf dem Grund der Hohenzollern der erste 2er-Sessellift am Großen Arber gebaut. In den 60er Jahren kamen zwei weitere Lifte hinzu. Seit den Modernisierungsmaßnahmen 1999 mit dem Bau einer neuen Gondel und zwei 6er-Sesselbahnen ist das Skigebiet Arber unverändert. Thomas Liebl ist mit den zehn Pistenkilometern zufrieden. „Unser Ziel ist es, unseren Raum zeitgemäß und modern zu nutzen. Eine Gebietserweiterung mit großem Landschaftsverbrauch kommt da nicht in Frage“, erklärt Liebl, Geschäftsführer der Bergbahn Arber. „Ich bin am Arber aufgewachsen. Er ist mein Hausberg und ich will der Umwelt und der Region gleichermaßen etwas Gutes tun. Die Gäste kommen auf den Berg um die intakte Natur zu genießen und neue Lebensenergie zu tanken. Da ist die Seilbahn nur Mittel zum Zweck“, so Liebl weiter.

„Höher, schneller, weiter“ gibt es hier nicht. Vielmehr setzt Liebl mit seinem Team auf erneuerbare Energien und gute Ideen: Bereits 60 Prozent des Strombedarfs werden durch Solar- und Wasserkraftanlagen gedeckt. Außerdem entwickeln die Betreiber das Angebot für Wintersportler ständig weiter: Kinderland, Gipfel-Hochzeiten oder auch die neue Kuschelgondel. Dafür arbeitet Liebl eng mit dem Naturpark Bayerischer Wald zusammen: Für Sommer 2017 ist die einheitliche Ausschilderung von Wanderwegen geplant. Ein gemeinsames Wegegebot gibt es bereits – damit die sensible Gipfel-Vegetation und der Lebensraum des Auerhuhns nicht durch Trittschäden gefährdet werden.


Wintertourismus vs. Naturschutz
Davon können sich andere Skigebiete eine Scheibe abschneiden. Hat der Wintertourismus doch seit langem das Image des bösen Buben: Beschneiungsanlagen, für die Speicherseen gebaut werden müssen und die Unmengen an Wasser verbrauchen. Die Rodung von Schutzwäldern für den Bau neuer Pistenanlagen, die eigentlich zum natürlichen Schutz vor Lawinen aufgeforstet wurden. Oder schlicht und einfach die enormen CO2-Ausstöße, die allein durch die Anreise der Gäste anfallen. Beispiele wie das Riedberger Horn haben es schließlich eindrucksvoll gezeigt: Wintertourismus ist im Allgemeinen nicht dafür bekannt, Naturschutz über den eigenen wirtschaftlichen Nutzen zu stellen. Er ist ein Paradebeispiel für das Dilemma zwischen der Abenteuersucht des modernen Menschen und der Übernutzung der Natur.

Vorbild: Naturpark Bayerischer Wald
Umso mehr hat der Naturpark Bayerischer Wald Vorbild-Charakter. Naturschutz und Wintertourismus müssen nicht mehr streng voneinander getrennt werden. Es geht auch miteinander. Ist die eine Seite des Bergs ein beliebtes Ausflugsziel für Familien und Wintertouristen, lockt die andere Seite mit beschaulicher Natur und einem Wildschutzgebiet, das Erfolg hat. Hier treffen Liftanlagen und Naturpark aufeinander. Sensible Arten auf Après-Ski. Die Grenzen scheinen fließend. Sie scheinen zu verschwimmen.