
Mountainbiken in Squamish, British Columbia
Zugegebener Maßen gehört Squamish in British Columbia, Kanada nicht zu den gängigen Wochenendzielen von uns Europäern. ‚The Outdoor Recreation Capital of Canada‘ ist allerdings so ein wilder und lässiger Ort, dass er definitiv würdig ist als erster Wild-Weekend-Tipp auf Wild Recreation vorgestellt zu werden.
Das Gefühl ist irgendwie vertraut. Als war man schon einmal da. Dichte Wälder, das Meer, dass sich an der Küste bricht. Tanker, die noch schlafend in der Bucht liegen. Das Grau der Brücke, das sich im unsäglichen blau-grauen Morgenhimmel verliert. Die Glasfassaden der Häuser reflektieren die aufgehende Sonne. Beobachten uns bei unserer Fahrt durch die Stadt. Wir lassen den Wald hinter uns. Die Brücke. Biegen auf den Highway. Immer Richtung Norden. Das Meer folgt uns. Verengt sich zu einem Fjord.

Von Vancouver gelangt man über den Sea-to-Sky Highway nach Squamish: Durch den Stanley Park und vorbei an North Vancouver. Der Highway erstreckt sich von Vancouver über Squamish nach Whistler, Pemberton und Lillooet. Entlang der Horseshoe-Bay und schließlich des Howe-Sounds. Squamish ist für die meisten nur einer der Orte auf dem Weg nach Whistler. Eine kleine Stadt am Fuße des Stawamus Chief und der Shannon Falls. Aber wer mit dem Mountainbike unterwegs ist, weiß sofort wovon ich spreche. Squamish, das ist der Ort mit den unendlich vielen Trails. Den Trails, die sich durch den dichten Regenwald schlängeln, von Moosen und Flechten bewachsen sind und wo man immer den Anschein hat in einer anderen Welt gelandet zu sein.

Ich muss zugeben, dass auch ich bei meinem ersten Besuch in British Columbia nur arglos durch Squamish hindurch gefahren bin. War es doch nur einer dieser Durchfahrtsorte auf dem Weg nach dem langersehnten, großen Whistler. Dabei ist Squamish der coolere Ort von beiden. Der Ort mit ein bisschen mehr Understatement. Hier sind die Locals, die Idealisten, aber auch die Sport-Enthusiasten. Es gilt als eines der großen Mountainbike-Reviere der Welt, aber gibt sich dennoch bescheiden. Die Regenwälder sind so dicht und die Trails so verzweigt, dass man sich schnell darin verlieren kann. Über all dem thront der Stawamus Chief, auch The Chief genannt, ganz erhaben. Der 700m hohe Granit-Monolith ist eines der Wahrzeichen von Squamish und gilt als zweitgrößter Granit-Monolith der Welt (der größte ist der El-Capitan im Yosemite Nationalpark). Ein besonderer Ort, der nicht nur für die First Nations von spiritueller Bedeutung ist.

Ein Wochenende in Squamish startet am besten mit einer Runde auf den Trails am Half Nelson. Der kleine Berg am Ortsrand ist das Mountainbike-Paradies schlechthin. Für jede Könnensstufe ist etwas dabei, auch für jedes Alter. An Sonntagen trifft sich hier die ganze Gegend. Pick-ups, voll beladen mit Equipment, Bikes und Traildogs erklimmen die Forststraße hinter der Squamish Quest University. Am ersten Parkplatz wird abgeladen, noch kurz geratscht, bevor man sich höchstpersönlich und ganz ohne Lift an den Uphill macht. Durch dichten Regenwald geht es eine Forststraße entlang nach oben. Trails kreuzen überall den Weg. Von rechts nach links. Über Gaps und North Shore Anlagen. Es sind viel zu viele Eindrücke, um sie alle verarbeiten zu können. An diesem Berg kann man mühelos ein Wochenende verbringen. Trails hat es in jedem Fall genug. Wir entscheiden uns für den Namensgeber: Half Nelson. Flowig mit Northshore-Anlagen und kleinen Anliegern. Wir lassen die Bikes laufen. Der Wald ist überall. Ein grünes Dickicht, dass uns verschluckt. Kurve um Kurve, Anlieger um Anlieger. Wie im Rausch, bis uns der Trail wieder auf dem Parkplatz ausspuckt.
Und dann heißt es wieder: Sattel hoch und zum nächsten Trail treten. Dazwischen eine kleine Brotzeit, den Ausblick über den Howe Sound genießen und rein in den Trail mit dem Namen Pseudo-Tsuga. Hier ist der Boden weniger erdig, dafür mit kleinen Felsen durchsetzt, hier und da ein bisschen technisch und weniger gebaut.



Für den ersten Abend war’s das für uns. Wir laden die Mountainbikes ins Auto und bauen unser Zelt 10 Kilometer nördlich von Squamish im Alice Lake Provincial Park auf. Mitten im Wald auf einer kleinen Lichtung ist unser Platz für die nächsten Tage. Mit Feuerstelle und Picknicktisch. Der Nebel kriecht langsam durch den Wald als wir unser Zelt aufbauen und hüllt alles in eine unwirkliche Stimmung. Unsere Nachbarn sitzen bereits am Lagerfeuer. Als unser Zelt steht, machen wir uns auf den Weg zu unserer ersten kanadischen Poutine. Die Howe Sound Brewery liegt am südlichsten Punkt von Squamish direkt an der Bucht des Howe Sounds. Wir breiten unsere Karte auf dem Tisch aus und bestellen ein 4 Tasters Rack. So kann man vier der Sorten des hausgemachten Craft Beers auf einmal testen. Bei Classic Canadian Poutine und Homemade Burgern planen wir den nächsten Tag. Da wird es dann wohl was bei Alice Lake. Oder vielleicht die Sea to Sky Gondola. Mal sehen…

Squamish liegt rund 64 Kilometer nördlich von Vancouver am Sea-to-Sky Highway. Es ist ein Mekka für Windsurfer, Kajakfahrer, Kletterer, Wanderer und Mountainbiker. Der Ort mit knapp 20.000 Einwohnern ist eingerahmt von der Tantalus Range, dem Howe Sound Fjord, Gebirgsseen und dem Stawamus Chief. Es ist außerdem die Heimat der Squamish Nation und eines groß verzweigten Trailnetzes, ob für Mountainbiker oder Wanderer. Hier ist alles ein bisschen bodenständiger und vor allem hat man das Gefühl, das im ganzen Ort sehr stark auf Nachhaltigkeit gesetzt wird: sei es im Community Garden Downtown, den zahlreichen Second Hand Shops oder bei Restaurants, die ausnahmslos auf regionale oder vegane Zutaten setzen.




Mehr Infos gibt es bei Tourism Squamish
How to get there
Squamish erreicht man von Europa aus über den Flughafen Vancouver. Von München aus fliegt Air Canada täglich dorthin. Das Mountainbike kann für eine Gebühr von 100 CAD $ als zusätzliches Gepäckstück mitgenommen werden. Vor Ort bewegt man sich am einfachsten mit einem Mietwagen, der direkt am Flughafen angemietet werden kann.
Where to sleep
- Camping Alice Lake Provincial Park
Der Alice Lake Provincial Park liegt rund 10 km nördlich von Squamish. Mitten im Wald versteckt, eingebettet zwischen dichtem Regenwald und den angrenzenden Bergen. Er ist der ideale Ausgangspunkt für ein Wochenende in Squamish, da man von dort direkt auf die Mountainbike Trails starten kann. Es gibt Stellplätze für Wohnmobile und Walk-in-Tent-Sites. Jeder Platz hat genügend Stellmöglichkeiten für ein Zelt und ist mit einer Feuerstelle und einem Picknicktisch ausgestattet. Der Preis pro Platz liegt zwischen 11 – 43 $, je nach Art des Campingplatzes (Walk-In bis Drive-In).

- Wonderland Valley Resort | MTN Fun Basecamp Squamish
Das Wonderland Valley Resort liegt nördlich von Squamish und die gemütlichen Appartements haben uns vor dem Regen gerettet. Es gibt Appartements und einen angrenzenden Campingplatz. Am besten bucht man über Airbnb, das geht schnell und einfach.

Das Sunwolf Resort wurde 2010 von Jess und Jake Fresse gegründet. Die beiden englischen Auswanderer hatten das Londoner Stadtleben satt und sind nach Stationen in der Karibik und Whistler in Squamish hängen geblieben. Dort führen sie das typische Aussteigerleben. Im Sunwolf Resort bieten sie Rafting- und Adlertouren an und haben liebevoll eingerichtete Cabins und einen Hot Tub. Auch Hochzeiten sind auf dem Gelände möglich. Zu Essen gibt es im Fergie’s.

Where to eat
Die Howe Sound Brewery mit angrenzendem Hotel ist perfekt für ein gemütliches Abendessen oder einen Absacker nach einem langen Tag in den Bergen. Mit Blick auf den Howe Sound und den Chief, kann man hier bei hausgemachten Bieren der Microbrewery und Burger, Poutine, Pizza oder Seafood den Tag ausklingen lassen. Am besten einen 4 Tasters Rack bestellen und so vier hausgemachte Biere auf einmal testen.
Im Fergie’s werden von 8-13 Uhr britisches Frühstück mit selbstgemachten Sausages und Biscuits angeboten. Wir haben uns dort Eggs Benny (Eier Benedict) gegönnt und sie waren der Wahnsinn. Das sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Nachmittags treffen sich im Garten die Mountainbiker und entspannen nach einer Runde auf den Trails.
In Downtown Squamish liegt das Zephyr Cafe. Hier kann man sich vor einer langen Biketour mit einem kreativen und vor allem vegetarischen, veganen, raw oder gluten-freien Frühstück stärken. Das Zephyr Cafe setzt neben gesundem Essen auch auf die Stärkung der Gemeinde und setzt sich für einen aktiven, gesunden und sozialen Lebenstil ein.
- Campground Cooking
In Kanada kann man sich auch ohne Probleme und ganz gemütlich etwas über dem eigenen Lagerfeuer am Campingplatz kochen. Dabei ein lokales Craftbeer trinken und den nächtlichen Geräuschen im Wald zuhören.

Where to shop
Squamish ist geprägt durch Second Hand Shops und alternative Läden. Unsere Favoriten sind diese hier:
Wild and Heart liegt in Downtown Squamish und setzt auf Kanada-inspirierte Gypsy-Outfits. Pluspunkt: der Shop ist Paperfree, also eigene Einkaufstasche mitbringen und mal auf den Kassenbon verzichten.
Der Bergsport-Store in Squamish ist Valhalla Pure. Dort findet ihr alles, was ihr für das Backcountry braucht.
Falls ihr was zum Mountainbiken vergessen habt, findet ihr es im Corsa Cycles. Hier gibt es außerdem die Squamish Trail Map und ihr könnt und solltet auch direkt mit einer Spende oder Mitgliedschaft die SORCA – Squamish Off-Road Cycling Association unterstützen.
SORCA ist für den Bau und die Pflege der Trails rund um Squamish verantwortlich. Wenn ihr sie also nutzt, dann einfach auch mit einer kleinen Spende die Locals unterstützen, damit jeder lange Spaß am Mountainbiken hat.
Mountainbiken in Squamish
Squamish wird auch das Mountain Bike Capital of Canada genannt. Zwar haben wir noch nicht so viele Locations in Kanada gesehen, aber Squamish ist wirklich ein Traumfleck zum Mountainbiken. Trails soweit das Auge reicht. Und das durch dichten Regenwald. Am besten und einfachsten orientiert man sich vor Ort mit der Trailforks App. Die Karten kann man vorab zuhause auf sein Handy downloaden, so entstehen keine ungewünschten Roamingkosten. Ansonsten ist im Corsa Cycles die Squamish Trail Map erhältlich. Wer sich für die Zeit in Squamish die Trails zeigen lassen möchte, der ist bei der Sea to Sky Adventure Company in besten Händen.
Unsere Lieblingstrails findet ihr hier:
- Half Nelson
- Man Boob’s
- Angry Midget
- Rob’s Corner
- Credit Line
- Mike’s Loop
- Pseudo Tsuga
- Low Down
- 50 Shades of Green
Was man sonst noch machen kann
Falls ihr euch einen Tag vom Mountainbiken frei nehmen wollt, dann könnt ihr ganz entspannt von der Sea to Sky Gondola am Ortsanfang von Squamish den Blick über das Tal schweifen lassen. 2014 erbaut, bietet sie neue Zustiegsmöglichkeiten ins Squamish Backcountry. Im Winter mit Ski oder im Sommer auf einem Klettersteig oder den zahlreichen Wandertouren. Auch die Shannon Falls, sind von hieraus in einer Wanderung zu erreichen. Aber auch um einfach den Ausblick zu genießen, eignet sich die Gondel perfekt.
Hallo Lisa & welcome to the green room! :)
Schön geschriebener Bericht, dem ich nur voll und ganz zustimmen kann. Vor lauter Whistler-Euphorie fahren viele einfach an Squamish vorbei – und verpassen dabei viel zu viel.
Aber den ein oder anderen Eatery-Tipp hab ich mir grad doch noch abgeschaut. Danke dir! Wenn du im Gegenzug mal Tipps für andere MTB-Regionen in Kanada brauchst, schau doch mal bei uns vorbei.
Gruß
Tobias
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Hi Tobias,
danke dir für deinen netten Kommentar und freut mich, dass du dir noch den ein oder anderen Tipp abschauen konntest. Gerne schau ich bei euch vorbei und lass mich immer wieder gerne für weitere Kanada-Trips inspirieren.
Liebe Grüße
Lisa
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Die Erlebnisberichte von den Mountainbike-Touren sind super und erst recht die Fotos. Ich („Hobby-Fahrer“) traue mir solche Touren nicht zu, aber ich fühle die Begeisterung bei Euch mit. Klasse.
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Hi Patrick,
vielen, vielen Dank für deinen Kommentar. Und tatsächlich the stoke is real 😃
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