
Wir alle kennen es. Das Gefühl nachhause zu kommen. Das Gefühl der wohligen Wärme, die uns empfängt, wenn wir vertraute Orte betreten. Orte an denen wir erwachsen wurden. Gewachsen sind. Und groß geworden sind. Doch was bedeutet Heimat?
Wer kennt das nicht, sobald man von zuhause weg ist, sehnt man sich danach. Man sehnt sich nach Vertrautem. Hat man es dann wieder ist es schon nicht mehr so interessant. Schließlich treibt einen dann das Fernweh an. Das Ungewisse. Das Abenteuer. So formulierte es auch der deutsche Schriftsteller Horst Wolfram Geißler: „Die Heimat ist ja nie schöner, als wenn man in der Fremde von ihr spricht.“ Ist es das nicht? Hören wir uns nicht selbst gerne von der Heimat reden, wenn wir unterwegs sind? Von den alten Zeiten und der Geborgenheit?
Als ich angefangen habe mich mit dem Thema Heimat zu beschäftigen, kam ich gerade von einem Vortrag von einem Freund in der Nähe meiner Heimatstadt. Es waren Freunde von früher da. Von zuhause. Aus der Schulzeit. Alles war sehr vertraut und ich sehnte mich danach, dass alles wieder so wie früher sein würde. Lange Abende am BMX-Platz, gemeinsame Urlaube und Ski- und Mountainbike-Ausflüge. Ich fühlte mich zuhause, als ich den Unterallgäuer-Dialekt hörte. Alles war so weit weg von meinem Leben in München. Ich fühlte mich heimisch. Woran es lag, weiß ich nicht, nur dass es ein wohliges Gefühl war und ich von Sehnsucht erfüllt zurück fuhr. Die Idee für das Thema war geboren. Ich wollte etwas über meine Heimat schreiben. Meine Heimat im Unterallgäu und meine Verbundenheit dazu. Ich schrieb erste Zeilen. Begann mit dem Text. Doch er wurde nie fertig. Bestand nur aus ein paar Zeilen und reifte nicht weiter. Er lag als einsilbige Datei auf meinem Computer.
Zuhause im Unterallgäu
Letztes Wochenende verbrachten wir dann ein paar Tage in Bozen. Zum Mountainbiken. Auf dem Weg dahin fuhren wir an Murnau und Aidling vorbei. Bis vor einem Jahr habe ich dort gewohnt. Auf dem Land. Auf einem Bauernhof. Inmitten des Blauen Landes. Von meinem Balkon konnte ich auf den Riegsee und die Zugspitze schauen. Doch ich fühlte mich nicht zuhause. War alleine dort. Erst als ich die Wohnung kündigen musste, fühlte ich mich wohl. Lernte die Gegend schätzen und lieben. Die weiten, grünen Wiesen. Die Hügel und tiefblauen Seen dazwischen. Ich war rastlos. War nicht angekommen. Am Wochenende trieb es mich nach Innsbruck. Meine alte Heimat.
Blick über Aidling und den Riegsee mit Zugspitzmassiv im Hintergrund
Während meines Studiums verbrachte ich vier Jahre in Innsbruck. Die Hauptstadt der Alpen war mein Zuhause. Ich genoss die Berge. Jeden Tag nach der Arbeit einfach auf das Radl zu steigen und raus zu sein. Mit Freunden unterwegs zu sein. In der Natur. Auch hier fühlte ich mich zuhause. Aber irgendetwas trieb mich an. Die Stadt war mir zu klein. Es war zu wenig los. Ich wollte zurück nach München. In die Stadt, in der ich die ersten drei Jahre meines Studiums verbracht habe. Das Großstadt-Leben genießen. Die Angebote. Die Vielfalt.
Blick auf die Nordkette in Innsbruck
Nun bin ich hier. In München. Und ich suche weiter. Meine Sehnsucht ist nicht gestillt. Ich sehne mich nach Orten, an denen ich früher war. Wo ich das Gefühl hatte angekommen zu sein und es letztendlich doch nicht war. Die Stadt, die ich früher so faszinierend und vielfältig fand, überfordert mich heute. Ich fliehe am Wochenende. Suche die Ruhe und die Berge. Hier fühle ich mich zuhause. Vielleicht bin ich noch nicht da. Oder vielleicht gibt es den Begriff „Heimat“, wie er in meiner Vorstellung existiert nicht. Das Gefühl wie vertraute Musik, wenn man den Refrain einfach mitsingen kann ohne darüber nachzudenken.Vielleicht gibt es für mich noch nicht die vollkommene Zufriedenheit. Das Ankommen. Vielleicht war ich an zu vielen geliebten Orten. Vielleicht waren alle zur rechten Zeit der rechte Ort. Vielleicht muss ich weiter. Oder vielleicht ist Heimat „immer etwas Verlorenes, eine Sehnsucht, die sich nie erfüllen lässt“ (Edgar Reitz).
Der Wiener Platz in München