Auf Zeitreise im Haight Ashbury Viertel in San Francisco

Wie das Haight-Ashbury Viertel in San Francisco uns mitnahm – auf eine Reise zurück in den „Summer of Love“ und in das Kalifornien, das wir so lange gesucht haben.

Mit der Zeit sinke ich immer tiefer in das alte Sofa. Der Samtstoff kratzt auf meinem nackten Unterarm. Samtig-weich ist er schon lange nicht mehr. Der schwere Geruch des Räucherstäbchens hüllt uns ein. Vernebelt langsam, aber sicher, unseren Geist und lässt uns dahin gleiten auf der endlos psychedelischen Musik, die aus den Lautsprechern dröhnt. Unsere Gliedmaßen werden ganz schwer. Oder stecken nur die letzten Tage in unseren Beinen? Die Kilometer um Kilometer, die wir durch die Stadt gelaufen sind. Auf der Suche nach dem nächsten Sightseeing-Spot. Nach Tagen auf der Straße. Im Auto. Und auf dem Highway No. 1. So fühlte sich wohl San Francisco Anfang der 1970er Jahre an. Schwer. Rauchig. Die Sinne vernebelnd. Alles hinter einem rosa Schein. Oder macht das nur die Ausstattung in diesem Laden hier?

Auch wenn es den Anschein macht, Drogen waren hier – außer den Räucherstäbchen – keine im Spiel. Während Marina und ich uns immer mehr von unserer tiefen Müdigkeit übermannen lassen, hat Fee ihr Paradies gefunden. Bunte Seidenröcke, direkt aus Indien in diesen verschrobenen kleinen Vintage-Shop ins Haight-Ashbury Viertel in San Francisco importiert.

Ach ja, das Haight-Ashbury. Vielleicht ist das einfach immer noch die Stimmung hier. Schließlich galt es in den 60er Jahren als Hochburg der Beatnik- und Hippie-Bewegung. Benannt ist das Viertel nach der Kreuzung von Haight Street und Ashbury Street und gilt als Ursprung der Hippie-Kultur. Als Geburtsstätte der amerikanischen Gegenkultur. Und des „Summer of Love“. Janis Joplin, Grateful Dead oder Jefferson Airplane prägten das Viertel entscheidend mit. Und obwohl sich nach diesem besagten Sommer, Yuppies die alten viktorianischen Häuser kauften und die Hippies verdrängten, ist es noch heute Ort der Gegenkultur. Der alternativen Szene. Und Anziehungspunkt für Andersdenkende.

Das haben wir schon bei unseren ersten Schritten bemerkt. Kaum waren wir mit dem Bus aus Downtown hierher gefahren, hatten den Financial District und den Touristenmagneten Fisherman’s Wharf hinter uns gelassen, waren wir irgendwie raus. Ging es irgendwie entspannter zu. Fast als hätten wir eine Zeitreise in die wilden 70er unternommen. Wir steigen aus. Tauchen ein. All die bunten Häuser. Die Graffitis. Die Recordstores. Vintageshops und kleinen Cafés. Touristen gibt es hier kaum noch. Dafür jede Menge Musiker. Wir verlieren uns in den Straßen, lassen uns treiben, von irgendetwas leiten. Ein Typ mit lilafarbener Schlaghose, Turnschuhen, freiem Oberkörper und langen Haaren kreuzt unseren Weg. Und biegt direkt in den nächsten Club ab. Was wohl hinter der Tür ist? Uns ist ab diesem Moment klar: Jetzt sind wir da. Jetzt sind wir in San Francisco. In dem Kalifornien, das wir die ganze Zeit gesucht haben. Nicht dieses hippe, moderne Lala-Land mit Fitnessfreaks und low-fat, low-carb, low-irgendwas. Hier ist alles viel, alles da. Wie jetzt in diesem Laden. Wo wir uns von dem Sofa verschlucken lassen. Von den Räucherstäbchen einnehmen lassen und ganz in eine Illusion aus indischer Seide und Psychedelic-Rock eintauchen.

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