
Mountainbiken in Finale Ligure
Finale Ligure ist unter Mountainbikern wirklich kein Geheimtipp mehr. Fast jeder war schon einmal da oder kennt jemanden, der jemanden kennt…ihr wisst schon. Trotz aller Bekanntheit hat Finale doch immer noch ein paar Plätze zu bieten, wo niemand ist und wo man zum Sommerfinale ganz allein die Trails surfen kann.
Die Rotorenblätter der Windräder drehen sich unaufhaltsam. Zerschneiden die Luft mit einem Zischen. Ziehen ihre Kreise und wirken ein kleines bisschen erhaben, wie sie so über das Tal blicken. Die Laubblätter bedecken den Boden. In der Sonne schimmern sie rot-orange. Dazwischen verstecken sich die heruntergefallenen Maroni in ihren Stachelhäusern. Wir steigen ab, um sie für das Abendessen einzusammeln. Die Blätter wirbeln auf, als der Shuttle an uns vorbei fährt und eine kleine Abgaswolke zurücklässt.
Sind wir einmal ehrlich. Über Finale Ligure muss man nicht viele Worte verlieren. Es gibt kaum ein Mountainbike Magazin, das noch nicht über den kleinen Ort an der italienischen Riviera berichtet hat. Kaum einen Fotografen, der die weltbekannten Trails noch nicht abgelichtet hat. Kaum einen Mountainbike-Profi, der dort noch nicht neue Bikes getestet hat oder kaum ein anderer Mountainbiker, der noch nicht davon geträumt hat einmal dort zu fahren. Es ist schlichtweg das europäische Mountainbike-Mekka. Ganz einfach. Und hier sind wir und treten gerade zum absoluten Trailhotspot der Riviera hinauf.
Gleich haben wir die letzten Meter geschafft. Die Nato Base liegt auf rund 1.030 Meter. Die ehemalige Fernmeldestation der U.S. Army ist der Ausgangspunkt eines weit verzweigten Trailnetzes, das über mehrere Kilometer bis an die ligurische Küste hinabführt. Nach unseren zurückgelegten 1.000 Höhenmetern sitzen wir in der Sonne und beobachten die ankommenden Shuttles. Verständlich, dass man sich nach so einer anstrengenden Autofahrt erst einmal mit einer Brotzeit stärken muss und seine Fähigkeiten auf den neuesten Karbon-Enduros unter Beweis stellen muss. Die Kraft hat man ja durch den fehlenden Uphill ganz einfach eingespart. Karbon statt Kondition bekommt da auf einmal eine ganz andere Bedeutung.

Wir machen uns fertig und treten durch den Blätterwald. Biegen auf den Cravarezza. Anlieger folgt Anlieger und darauf mehrere Stufen. Die Blätter wirbeln auf. Die Sonne schimmert. Ausgewaschene Stellen wechseln sich mit Felsen ab. Hier ist niemand mehr. Wir sind jetzt ganz allein im Wald. Von den Scharen an Mountainbikern die unten im Tal durch die Gassen pilgern oder die auf der Nato Base ihre Runden drehen, ist hier nichts mehr zu sehen. Die Vielfalt an Trails bietet nicht nur schier unendliche Möglichkeiten, sondern dadurch verteilen sich die Mountainbiker und man hat nicht nur die Chance, sondern die Gewissheit fast immer ungestört unterwegs zu sein.

Die Maroniwälder leiten uns auf den nächsten Trail: Crestino. Er wird uns zurück nach Orco Feligno bringen. Die letzen Meter rollen wir auf der Asphaltstraße. Durch Weinberge, Olivenhaine und mit Blick auf das Tal und das Meer. Die Abendsonne im Gesicht. Wir haben unser Auto dort geparkt. Wer direkt von Finale Ligure hoch radelt, kann nun weiter Richtung Meer. Oder am besten einen Abstecher in Finalborgo machen.

Der kleine Ort mit der historischen Altstadt lädt nicht nur auf der Piazza zu einem Eis oder einem Bier ein, sondern auch zum Streunen und durch die Gassen streifen. Wer dachte alle coolen Mountainbiker treffen sich auf der Piazza dei Bianchi in Finale, der hat ganz klar falsch gedacht. Finalborgo ist der sogenannte Place-to-be. Eisdiele reiht sich an Eisdiele und Bar an Bar. Kleine Geschäfte verstecken sich in den Altbauten und hinter jeder Kurve entdeckt man ein kleines Restaurant. Hier kann man sich und sein Bike schön in Szene setzen.
Wer nicht zu den Geltungssüchtigen gehört, setzt sich ganz einfach entspannt mit einem Eis ans Meer oder holt sich noch ein Zwiebel-Focaccia in der Bäckerei Parodi. Ein Traum! Damit an den Campingplatz und ein Bier dazu. Fertig.
Trotz aller Campingromantik sollte man sich aber das kleine Lokal „La Locanda di Lo“ auf der Piazza S. Caterina in Finalborgo nicht entgehen lassen. Hier gibt es regionale ligurische und saisonale Küche vom Feinsten. Die ligurische Nudelspezialität Trofie al Pesto ist ein Muss und hier nur zu empfehlen. Ein Grappa zum Nachtisch und man ist gestärkt für die nächsten 1.000 Höhenmeter. Morgen gehts zum Gasthaus Din. Anschließend den Rollercoaster. Der Downhill Donne wartet auch noch. Und Kill Bill 2. Rebell Yell. Caprazoppa. Und, und, und…
Infos Finale Ligure
Finale Ligure liegt ca. 60 km südwestlich von Genua an der italienischen Riviera. Es ist nicht nur ein Hotspot für Mountainbiker, sondern auch für Sportkletterer. Nach Westen wird Finale Ligure durch das Capra Zoppa-Massiv (281 m) begrenzt. Nach Norden hin, nur wenige Kilometer landeinwärts, erreichen die Berge bereits Höhen von über 1000 Metern. Die Küste versprüht mit ihren Palmen und Strandbädern das Flair vergangener Zeiten.
Anreise
Am einfachsten reist man nach Finale mit dem Auto. Von München sind es durch die Schweiz knapp 690 km. Über den Brenner dauert es mit ca. 735 km etwas länger.
Where to stay
In Finale Ligure gibt es jede Menge Campingplätze, die ich als wahrer Camper natürlich jedem Hotel vorziehe. Camping Tahiti liegt direkt in Finale Ligure und von dort aus ist das meiste fußläufig erreichbar. Finale Ligure Eurocamping ist außerdem zu empfehlen.
Mountainbiken in Finale Ligure
Auf Trailforks findet ihr fast alle Trails praktisch online und in der App inklusive Karte und GPS-Track. Für unsere Tourenplanung nutzen wir den Mountainbikeführer Finale Ligure von Yoyo Marienfeld. (Delius Klasing, 18,95 EUR).